»Mut und Demut«
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20 JAHRE NACH DER WEIHE - WAS MACHT DAS MIT DEM GEBÄUDE?
2025 ist ein Jahr der Erinnerung an die wiederaufgebaute Frauenkirche und deren Weihe am 30. Oktober 2005.
Neben dem äußeren Steinbau und dem gestalteten Innenraum der Frauenkirche kommt der meist unsichtbaren, aber häufig zitierten Technik ein besonderer Stellenwert zu, da sich an ihrem Standard und Zustand neben der Funktions- auch die Zukunftsfähigkeit der vielseitig genutzten Frauenkirche ablesen lässt.
Während die großen Anlagen, die Heizungs- und Lüftungsanlage, die Brandmeldeanlage, die Schwachstromanlagen, die Aufzugstechnik in längeren Zyklen instandgehalten und weiterentwickelt werden, sind die elektroakustische Anlage, die Lichtsteuerung, die Netzwerktechnik, die Gebäudeleittechnik allgemein, kürzeren Zyklen mit entsprechendem Investitionsdruck unterlegen. Auch erreichen uns von den Besuchern und Nutzern selbst viele Kommentare und Wünsche. Gehen wir auf einzelne Anlagenbestandteile exemplarisch ein.
Der Hauptaufzug diente seit seinem Einbau 1998 als Baustellenaufzug und führte seit der Weihe nunmehr mit einer schönen Innenverkleidung ausgestattet jahrelang die Besucher zum Kuppelaufstieg bis zur Turmstube G. Mit der Öffnung des Kuppelaufstiegs nach der Pandemiezeit entschieden die Geschäftsführungen der Stiftung und des Kuppelaufstiegs, den Aufstieg in seiner ganzen Länge über die Treppen bzw. die Wendelrampe zu führen, um somit die Aus- und Einblicke in die Kirche wie auch auf die Umgebung jedem Besucher zugänglich zu machen.
Infolge dessen wurde bzw. wird der Hauptaufzug nur noch für Technikund interne Transporte verwendet. Dennoch ist der Aufzug mehr als fünfundzwanzig Jahre in Betrieb und hat schon mehrere Teilerneuerungen und gesetzlich auferlegte Technikerweiterungen erfahren. Herstellerseits wird darauf verwiesen, dass nicht mehr alle Ersatzteile vorhanden sind bzw. in Kürze endgültig abgekündigt werden, so dass die Dauer einer Reparatur für die Kirchbauverwaltung immer schwerer abzuschätzen ist.
Aus dieser Situation führen zwei Überlegungen weiter. Die erste ist die, dass der Bedarf für einen neuen Aufzug festgestellt und um Budgetzuteilung gebeten wird. Der zweite und etwas aufwändigere Weg ist, zu überlegen, wie wahrscheinlich es ist, dass der Aufzug gerade jetzt und trotz aller in den letzten Jahren ausgeführten Verbesserungen so lange ausfällt, bis er entweder repariert oder ganz geschlossen werden muss und die notwendigen Techniktransporte etwas aufwändiger über andere Wege realisiert werden müssen.
Wählt man den zweiten Weg ist ein Scheitern ebenso möglich wie ein noch längeres Weiter-in-Betrieb nehmen einer längst getätigten Investition. Die Kirchbauverwaltung prüft derzeit mit einem Hersteller die verschiedenen technischen Varianten und die damit verbundenen Investitionen.
Komplizierter wird es bei der Beurteilung von elektrischen Anlagen. Die immer komplexer werdende Technik erfordert grundsätzlich Neuinvestitionen in kürzeren Zeiträumen, erlaubt aber auch technische Entwicklungen, die es bei Inbetriebnahme der Frauenkirche noch gar nicht gegeben hat. Während zur Bauzeit für jede technische Anlage meistens auch eine eigene Steuerungssoftware installiert wurde, ermöglicht der Stand der Technik heute, dass mehrere Anlagen über eine Software gesteuert werden können.
Um jedoch auf die Bedarfe jeweils eingehen zu können, müssen die einzelnen Anlagenteile auf ihre Besonderheiten und notwendigen Weiterentwicklungen geprüft werden, bevor sie beispielsweise in einer neuen Soft ware zusammengeführt werden können. Das führt zu einer längeren Planungszeit bei zunehmender Komplexität, da mehrere Fachbereiche involviert sind.
Manchmal hilft es auch, die alten Modellrechnungen für Anlagenbestandteile hervorzuholen und mit heutigem Sachverstand neu zu bewerten. Im Falle der elektroakustischen Anlage sieht es beispielsweise so aus. Das Anfang der 2000er Jahre entwickelte Oberflächeninnenraum-Computer-modell der Frauenkirche wurde im letzten Jahr mit den seither weiterentwickelten akustischen Parametern verbessert und dient nun für eine neue Bewertung der Raumakustik in der Frauenkirche.
Parallel dazu wurden Vor-Ort-Proben mit heutigen Marktführern der Lautsprechertechnik durchgeführt und Schlüsse daraus für die weitere Planung gezogen. Die Kirchbauverwaltung wartet derzeit auf die Auswertungen der Beprobungen und wird danach mit dem Fachplaner mögliche Wege aufzeigen, beplanen und zur Ausführung vorschlagen.
Wie man sich vorstellen kann, kommen mit jeder noch so kleinen Aufgabe neue Planungsanforderungen auf den Betreiber zu. Nicht immer erschließen sich gesetzliche Neuanforderungen und nicht immer ist es einfach, diese Veränderungen auf den Kirchbau Frauenkirche mit seinen Sondergenehmigungen zu übertragen. Auch muss mit den Prüfinstitutionen nach einem Weg gesucht werden, den Bestand zu erhalten und dennoch behutsam und konsequent weiter zu entwickeln.
Und bei aller Weiterentwicklung freuen wir uns über darüber, dass es Anlagen gibt, die seit 2005 24 Stunden pro Tag nahezu fehlerfrei durchlaufen. Hier ist beispielsweise die Warmluftheizung in der Hauptkuppel gemeint, deren 40 Ventilatoren seither den ganzen Tag angeschaltet sind und von denen nur 11, und das in den letzten zwei Jahren, getauscht worden sind.
Ähnliches finden wir bei der Glockensteuerung und den Läuteanlagen, bei den wesentlichen Bestandteilen der Lüftungsanlagen u. a. Abschließend muss noch ein Blick auf den Arbeitsmarkt geworfen werden. Da auf dem Arbeitsmarkt für Fachkräfte im Handwerk und in der Industrie sowie im Planungsbereich immer längere Warteund Bearbeitungszeiten entstehen, kommt für den Betreiber eine noch größere Verantwortung zu, da er für die Sicherheit und Anlagenverfügbarkeit verantwortlich ist.
Für Unvorhergesehenes wird es immer schwieriger eine sofortige Maßnahme einzuleiten und für Planbares wird der zeitliche Aufwand für die Projektsteuerung aufgrund der benannten äußeren Umstände immer größer. Trotz kontinuierlicher Beschäftigung mit dem Bauwerk ist es weder jetzt noch in Zukunft ausgeschlossen, dass improvisiert werden muss. Doch auch ist davon auszugehen, dass die vielen Aufgaben, mehrheitlich unbemerkt, erledigt werden.
THOMAS GOTTSCHLICH
Leitender Architekt