»Mut und Demut«

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Demut – vom Mut zum Dienen im Besucherdienst

Der Volksmund weiß, dass Hochmut vor den Fall kommt und Übermut selten guttut. Wohl dem, der sich von Zumutungen nicht entmutigen lässt. Manche sagen, Großmut sei eine kostspielige Tugend, aber niemand möchte sich Kleinmut nachsagen lassen. Unter den Komposita mit dem Wort »Mut« nimmt das Wort »Demut« eine ganz eigene Stellung ein: Es wirkt aus der Zeit gefallen, und es verbindet sich keine eindeutig positive oder negative Bedeutung mit ihm.

Die Bibel lässt keinen Zweifel daran, dass sie Demut für erstrebenswert hält. Etwa im 1. Petrusbrief (»Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade«) oder im Buch des Propheten Micha (»Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert: nichts als Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott«).

Doch in unserer Gesellschaft wird Demut nicht uneingeschränkt wertgeschätzt, sondern mitunter als ein Mangel an Selbstbewusstsein und Führungsstärke gesehen. Dabei heißt es im Matthäusevangelium:

»WER UNTER EUCH GROSS SEIN WILL, DER SEI EUER DIENER; UND WER UNTER EUCH DER ERSTE SEIN WILL, DER SEI EUER KNECHT«.

Der etymologische Ursprung des Wortes liegt im Althochdeutschen und bezeichnet dort die Haltung eines dienenden Menschen. Sich in Dienst zu stellen, von der eigenen Person abzusehen und an einer größeren Idee mitzuwirken, dafür braucht es Mut.

Das scheint zu allen Zeiten so zu sein, denn natürlich ist es leichter, sich aus allem rauszuhalten oder selbst den Ton anzugeben. Jedoch kann das »Dienen« erfüllend und sinnstiftend sein. Davon zeugt eindrücklich das vielfältige und oft hohe ehrenamtliche Engagement innerhalb einer Gesellschaft, das nicht zuletzt auch Ausweis ihrer Qualität ist.

Viele Ehrenamtliche engagieren sich in der Frauenkirche, unter anderem im Besucherdienst der Stift ung. Dieser – das sei am Rande bemerkt – ist nicht zu verwechseln mit dem Besuchsdienst u.a. in Kirchgemeinden, der zu kranken oder alleinstehenden Menschen hingeht, sie unterstützt und Teilhabe am Gemeindeleben anbietet. Vielmehr widmet der Besucherdienst sich den Gästen, die zu Besuch kommen.

In der Frauenkirche übernehmen ca. 45 ehrenamtliche Kirchenführerinnen und Kirchenführer diese Aufgabe, neben den in der off enen Kirche tätigen hauptamtlichen Kolleginnen und Kollegen. Während die letztgenannten auch mit vielen organisatorischen Aufgaben befasst sind, konzentriert sich die Arbeit der Kirchenführer*innen darauf, gastgebende Ansprechpartner*innen zu sein: den Gästen das Haus zu zeigen, sie mit den Inhalten des Hauses vertraut zu machen, auf Fragen zu antworten, ein besinnliches Wort und einen Segenswunsch mit auf den Weg zu geben.

Dieser Dienst drückt aus: Ich stehe bereit für Sie, weil ich begeistert bin von der Frauenkirche, ihrer einzigartigen Geschichte und Botschaft. Ich stelle mich in den Dienst dieses Gotteshauses und seiner Gäste, weil ich dazu beitragen möchte, Menschen zu bewegen, Schritte der Versöhnung hin zu einer friedlicheren Welt selbst zu gehen und sich dafür einzusetzen.

Der Mut, sich zu diesem schönen Dienst zu entschließen, setzt Freude an der Begegnung mit Menschen ebenso voraus wie inhaltliche Sprachfähigkeit und ein verantwortliches Bewusstsein zum Mitgestalten des Lebens in der Frauenkirche. Eine entsprechende Ausbildung und regelmäßige Fortbildungen legen den Grundstein für die notwendige inhaltliche Kompetenz.

Die Demut für den Dienst an der Frauenkirche und ihren Gästen lässt sich nicht lernen; sie ist als Tugend dem Dienst vorausgesetzt ist und hält ihn lebendig. Dafür sind wir dankbar.

DR. ANJA HÄSE,
Leiterin Bildung | Besucherdienst