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Umgang mit mentaler Belastung – wenn alles zu viel wird
Das Kümmern um andere Menschen – deren Entwicklung, Bedürfnisse, Krankheitsversorgung und Pflege – das ist, was unsere Gesellschaft zusammenhält. Aber wer leistet diese Arbeit eigentlich und zu welchem Preis?
Frauen. Den Großteil der Fürsorgearbeit in unserer Gesellschaft leisten Frauen. Wertschätzung oder Geld können sie dafür jedoch nicht immer erwarten. Gleichzeitig wird jedoch von ihnen oftmals erwartet, dass sie sich um andere kümmern, Fürsorgearbeit leisten, zwischenmenschliche Kontakte pflegen, Feste organisieren, Kuchen backen, ehrenamtlich aktiv sind, zuhören, Trost spenden… die Liste ist lang. Warum tun Frauen das? Weil es sie mit Freude und Stolz erfüllt – aber das ist nur eine Seite der unsichtbaren Medaille. Auf der anderen Seite stehen jede Menge Erwartungen, die sie nicht nur selbst an sich stellen, sondern auch andere Menschen. Diese Erwartungen kommen nicht nur aus dem eigenen sozialen Umfeld, sondern auch aus den Medien.
In der Realität befinden sich diese Frauen jedoch nicht selten in einem Spannungsfeld zwischen all diesen Erwartungen, einem inneren Druck, alles und jedem gerecht werden zu müssen, erwerbstätig zu sein und jede Menge Termine und Verpflichtungen zu koordinieren. Das alles passiert im Kopf, mit einer Denkarbeit, die für andere unsichtbar ist. Wenn wir für vieles überwiegend allein die Verantwortung tragen und sehr viel zu tun haben, sind wir irgendwann überfordert und zwar dann, wenn wir uns nicht mehr erholen können und wenn die Anerkennung dafür ausbleibt. Dann sind wir vielleicht gereizt oder ziehen uns zurück – ein Phänomen, das auch für das Umfeld spürbar ist. Der Grund dafür bleibt jedoch für andere oft unbekannt. Manchmal wissen die Betroffenen selbst nicht, was sie alles leisten und gestehen sich selbst nicht ein, dass sie zu viel Verantwortung tragen und zu wenig Zeit für Erholung haben. Dass Wertschätzung und finanzieller Ausgleich dafür fehlen, nehmen sie oftmals einfach hin. Sie kennen es ja so von anderen Frauen, ihren Müttern und Großmüttern.
Menschen, die viel Fürsorgearbeit leisten, sollten dadurch nicht finanziell und sozial benachteiligt sein – ein Thema, das die ganze Gesellschaft betrifft. Führungskräfte, soziale und kirchliche Einrichtungen, Nachbarn, Freunde und Partner*innen können nachfragen und ihre Unterstützung anbieten – mentale Belastung zum Thema machen. Betroffene sollten sich selbst ihrer Verantwortung und Überlastung bewusstwerden und diese ansprechen. Unterstützung dafür sowie weitere Informationen darüber bieten Bücher, Vorträge und Workshops zum Thema Mental Load.
STEFANIE MÄDEL
arbeitet als selbständige Trainerin und Speakerin für Unternehmen,
Behörden, Kliniken, Hochschulen und für soziale Organisationen.
Ihre Schwerpunkte sind mentale Gesundheit, psych. Belastungen
bei der Arbeit, Kommunikation und Konfliktmanagement.