»20 Jahre Frauenkirche Dresden«

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Von Trümmern zur Wiedergeburt

Das erste Mal kam ich vor über 30 Jahren nach Dresden. Die Stadt war damals in einem traurigen Zustand – eine düstere Mischung aus notdürftig geflickten barocken Palästen und brutalistischen Plattenbauten. Es war ein halbes Jahrhundert vergangen, seit die »Elbflorenz« von der Royal Air Force, der Luftwaffe meines Heimatlandes, in Schutt und Asche gelegt worden war, aber für mich fühlte es sich an wie gestern. Der traurigste Anblick von allen war der Neumarkt – ein leerer Platz im Herzen der Stadt, ein Symbol für all das, was verloren gegangen war.

Alles, was von der Frauenkirche, der prachtvollen Kirche in seiner Mitte, übrig war, war ein melancholischer Trümmerhaufen. Obwohl Deutschland inzwischen wiedervereinigt war und westliche Besucher neugierig kamen, um zu sehen, was – wenn überhaupt – noch übrig war, erschien es mir unvorstellbar, dass die von Canaletto gemalte Kirche jemals wieder aufgebaut werden könnte. Ihr Fehlen war herzzerreißend, und dieser Trümmerhaufen machte es nur noch schlimmer. Ich wünschte, jemand würde kommen und alles einfach wegfegen.

Ich war nach Dresden gekommen, um den Geburtsort meines Vaters zu finden – eine Stadt namens Großenhain, nur eine kurze Zugfahrt von Dresden entfernt. Mein Vater hatte keine Verbindung zu Sachsen. Seine Mutter kam aus Rostock, sein Vater aus Wismar. Sie lernten sich in Hamburg kennen und ließen sich dort nieder, bevor mein Großvater mit der Wehrmacht in Hitlers Krieg ziehen musste. Sie hatten bereits zwei Kinder, und meine Großmutter war mit dem dritten schwanger.

Aber jetzt bombardierte die RAF Hamburg immer wieder. Als eine Bombe im Garten einschlug, aber nicht explodierte – nur die Fenster gingen zu Bruch – beschloss sie, dass sie wegmusste. Ihre Schwester war mit einem Luftwaffenoffizier verheiratet, der auf einem Fliegerhorst in Großenhain stationiert war. »Warum kommst du nicht zu uns?«, sagte ihre Schwester. »Hier bist du sicherer. Jeder weiß, dass Dresden die sicherste Stadt im Reich ist.«

Sie hatte recht. Großenhain war ein sicherer, angenehmer Ort, und das Haus, das sie dort mieteten, war gemütlich, mit einem schönen Garten vorn und hinten. Meine Großmutter hatte das Dachzimmer, und genau dort wurde 1942 mein Vater geboren. 1945 stand meine Großmutter am Fenster dieses Dachzimmers und sah, wie sich der Nachthimmel rot färbte, als Dresden in Flammen aufging. Sie erwischte den letzten Zug zurück nach Hamburg, bevor die gierige Rote Armee eintraf.

In Hamburg lernte sie einen britischen Soldaten kennen, Gerry Cook, der im Zivilleben Journalist war. Als Gerry aus dem Dienst entlassen wurde, nahm er sie und ihre drei Kinder mit nach London (mein deutscher Großvater war zu der Zeit in einem britischen Kriegsgefangenenlager). Weder meine Großmutter noch mein Vater kehrten jemals nach Dresden zurück, aber ich selbst war seit 1995 viele Male wieder dort. Die Stadt ist für mich fast wie ein Zuhause geworden.

In den letzten 30 Jahren habe ich erlebt, wie Dresden aus der Asche auferstanden ist, und das Ergreifendste, das Inspirierendste an dieser unglaublichen Wiedergeburt ist der Wiederaufbau der Frauenkirche und des sie umgebenden Neumarkts. Den Turm der Kirche zu besteigen und auf diese wiedererstandene Stadt hinabzublicken – das ist etwas, von dem ich nie gedacht hätte, dass ich es noch erleben würde. Es lässt mich wieder jung fühlen, wie neugeboren.

Ich war zweimal am Geburtsort meines Vaters – einmal in den Neunzigern, einmal in den Nullerjahren. Beim ersten Mal traf ich eine freundliche Familie, die sich dort niedergelassen hatte, nachdem sie aus ihrer schlesischen Heimat von Stalin vertrieben worden war. Zunächst hatten sie Angst, ich käme, um das Haus zurückzufordern, aber als ich ihnen sagte, dass es nur gemietet gewesen war, entspannten sie sich. Der Vater führte mich ins Dachgeschoss, um mir zu zeigen, wo mein Vater geboren wurde. Dann schickte er seine jüngere Tochter los, um Kuchen zu kaufen und wir saßen in ihrer gemütlichen Küche, aßen, tranken und redeten, bis es dunkel wurde.

Beim zweiten Besuch war das Haus deutlich schicker. In der Küche stand eine neue Spülmaschine, in der Einfahrt ein neues Auto. Der Vater wirkte älter, trauriger, einsamer. Seine beiden Töchter waren in den Westen gezogen, um Arbeit zu finden. Ich sagte ihm, dass ich bald wiederkommen würde, aber ich wusste, dass ich nie zurückkehren würde. Im Jahr 2018 wurde ich deutscher Staatsbürger – ebenso mein Sohn und meine Tochter.

Nach dem Brexit war mir das wichtig – aus emotionalen, nicht aus pragmatischen Gründen. Ich wollte unsere zerbrechlichen familiären Bande bewahren. Wann immer ich wieder in Dresden bin, besuche ich die Frauenkirche, aber mein Lieblingsort ist der Zwinger – und die Gemälde von Canaletto. Ich betrachte sein Gemälde der Frauenkirche und sehe dann aus dem Fenster. Wo einst eine leere Fläche war, eine Lücke am Horizont, da steht nun wieder das Bild, das er gemalt hat – direkt vor meinen Augen.

THE RIGHT REVEREND SOPHIE JELLEY
wurde 1965 in London geboren,
Abschluss in Englisch und Geschichte an der Keele Universit,
arbeitet seit über 30 Jahren als Journalist und Auto