Freiheit – Sicherheit
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Wo Sicherheit beginnt und Freiheit wächst
Wenn ich über die Stationen der JVA Bautzen gehe und die schweren Türen hinter mir ins Schloss fallen, wird mir jedes Mal bewusst, wie kostbar Freiheit ist – und wie unterschiedlich Menschen sie erleben.
Im Gefängnis ist das Thema »Sicherheit« allgegenwärtig: gesichert sind Türen und Tore, Abläufe, sogar Beziehungen. Und dennoch – oder vielleicht gerade deshalb – spüre ich oft , wie sehr sich Menschen auch innerhalb dieser Mauern nach echter Freiheit sehnen. Freiheit ist mehr als das Fehlen von Gittern.
Ich begegne Gefangenen, die trotz ihrer äußeren Begrenzung innerlich frei geworden sind – weil sie Verantwortung für ihr Leben übernehmen, Schuld anerkennen und Hoffnung schöpfen. Gleichzeitig erlebe ich Menschen außerhalb der Mauern, die unfrei sind in ihren Ängsten, in Abhängigkeiten oder im ständigen Streben nach Kontrolle und Sicherheit. Sicherheit und Freiheit sind keine Gegensätze, aber sie stehen in Spannung. Zu viel Sicherheit kann einengen, zu viel Freiheit kann überfordern.
Die Kunst besteht darin, beides in Balance zu bringen – im eigenen Leben, in der Gesellschaft und auch im Glauben. Denn echte Sicherheit erwächst nicht aus Mauern oder Regeln, sondern aus Vertrauen – in sich selbst, in andere und in Gott. Vielleicht ist das ja die eigentliche Aufgabe: Räume zu schaff en – im Gefängnis wie im Alltag – in denen Menschen sich sicher fühlen dürfen, um innerlich frei zu werden.
Matthias Mory
Gefängnisseelsorger in Bautzen