Ein Bürgerrat für Dresden
Empfehlungen für ein friedfertiges Miteinander
Wie können die Menschen in Dresden friedlich zusammenleben – über Generationen, Kulturen und Meinungen hinweg? Diese Frage stand im Mittelpunkt des ersten stadtweiten Bürgerrats, der vom 7. bis 29. März tagte. 50 zufällig geloste Bürgerräte kamen zusammen, um gemeinsam Konflikthemen zu identifizieren und Lösungsvorschläge zu erarbeiten – ein demokratischer Kraftakt, getragen vom Engagement jeder und jedes Einzelnen.
»Frieden – das ist ein großes Wort; und spannend wird es, sobald wir das Ideal aus dem Allgemeinen ins Konkrete holen. Die Mitglieder des Bürgerrates haben das erkannt und mit Hingabe, Vielfalt und Haltung diskutiert. Sie haben ihre Zeit, Gedanken und Leidenschaft für ihre Stadt und Mitmenschen eingebracht. Begegnung hat Verständnis gesät und ein demokratisches Miteinander zum Blühen gebracht. Das haben wir erhofft und nun tatsächlich erlebt. Daher ist unser Fazit des Formates Bürgerrat uneingeschränkt positiv«, erklären Maria Noth und Pfarrer Markus Engelhardt, Geschäftsführer der Stiftung Frauenkirche Dresden.
Ein historisches Datum, ein zukunftsgerichteter Impuls
Die Ergebnisse des Bürgerrates »Friedensstadt Dresden« stellen die Mitglieder nun in einer öffentlichen Abendveranstaltung der Stadtgesellschaft vor; bewusst zum Ausklang eines Tages mit historischem Bezug: »Der 8. Mai ist ein Tag der Verantwortung – für unsere Vergangenheit und für das Miteinander, das wir heute gestalten. Er erinnert uns daran, dass Frieden im Alltag beginnt: auf der Straße, im Gespräch, im Umgang miteinander. Der Bürgerrat hat dafür konkrete und umsetzbare Ideen entwickelt«, so Andreas Dieterich, Referent für Friedensarbeit der Stiftung Frauenkirche Dresden und Verantwortlicher für das Projekt.
Was Frieden im Alltag bedeutet
Der Bürgerrat war seitens der Stiftung Frauenkirche Dresden initiiert und vom nexus Institut für Kooperationsmanagement und interdisziplinäre Forschung begleitet worden. Das Projekt wurde vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales, Gesundheit und Gesellschaftlicher Zusammenhalt gefördert.
Zunächst verständigten sich die Bürgerrät*innen auf ein gemeinsames Friedensverständnis, ehe sie die Themenbereiche clusterten und im intensiven Austausch sowohl in Arbeitsgruppen als auch im Plenum um Lösungsansätze rangen. In ihrem schließlich in sieben Themenbereiche untergliederten Gutachten verweisen die Bürgerräte darauf, dass sich Frieden im Kleinen zeigt: im respektvollen Miteinander, in gegenseitiger Rücksichtnahme und in einer Stadt, die Vielfalt aushält. Daher reichen die Empfehlungen von Anstößen für ein friedfertigeres Klima bei Demonstrationen über Vorschläge zum Abbau von Diskriminierung bis hin zu Ideen für mehr Freundlichkeit im Alltag oder zur Sicherheit im öffentlichen Raum. Auch der Blick über die Stadt hinaus kommt zur Sprache – als Impuls, sich als Friedensstadt glaubwürdig zu positionieren.
»Das Bürgergutachten behandelt Fragen des sozialen Zusammenhalts und der Teilhabe ebenso wie verschiedene kommunale Konflikte, Sicherheit und Kommunikation. Auch unsere Erinnerungskultur spielt eine Rolle. Hier eint die Mitglieder des Bürgerrats das Anliegen, Frieden in Dresden nicht nur als historischen Begriff zu verstehen, sondern als Aufgabe in der Gegenwart«, so Andreas Dieterich.
Ein Anfang, kein Ende
Mit der Übergabe des Gutachtens ist der Prozess jedoch nicht abgeschlossen. Die Ergebnisse sollen in den Stadtrat sowie in den Beirat Erinnerungskultur eingebracht werden. Im Namen aller Mitglieder des Bürgerrats richten die Veranstalter einen dringenden Appell an die Stadtspitze: »Die Bürgerräte wünschen sich, dass die Landeshauptstadt Dresden die Empfehlungen nicht einfach nur zur Kenntnis nimmt, sondern sie aktiv auf ihre Umsetzungsmöglichkeiten hin prüft. Menschen vielfältigster Hintergründe – unterschiedlichen Alters, aus allen Stadtteilen, mit verschiedensten Biografien – haben sich zusammengefunden, um gemeinsam für ein friedlicheres Dresden zu arbeiten. Das ist eine starke, demokratische und optimistische Botschaft – sie darf nicht ungehört bleiben«, so Maria Noth und Markus Engelhardt.
Viele Empfehlungen richten sich zudem direkt an die Stadtgesellschaft: an Vereine, Institutionen und Bürgerinnen und Bürger. »Die Empfehlungen sind ein starkes basisdemokratisches Signal aus der Mitte der Gesellschaft heraus. Wir alle, die wir hier in Dresden heimisch sind, sollten sie als Impuls und Auftrag an uns selbst verstehen. Der Wunsch nach einer friedlicheren Stadt ist keine abstrakte Idee, sondern kann und muss durch uns selbst mit Leben gefüllt werden«, so Andreas Dieterich.
Bürgerräte ziehen positive Bilanz
Neben dem Ziel konkreter Friedensideen war der Stiftung Frauenkirche Dresden auch die Erprobung dieses Beteiligungsformates wichtig. Die Resonanz der Teilnehmenden bestätigt dessen Potential eindrucksvoll: »Ich habe den Bürgerrat als sehr inspirierend erlebt und würde sofort noch mal an einem teilnehmen«, so Bürgerrätin Carolin Knauer. Ihr Mitbürgerrat Martin Blümel pflichtet ihr bei: »Ich habe den Bürgerrat als sehr, sehr intensiv erlebt. Ich bin froh, dass alles so friedlich ablief. Man ist in der Diskussion nicht super gespalten, sondern geht eher aufeinander zu.«
Bürgerrätin Claudia Althaus macht dafür u. a. die gute Organisation verantwortlich: »Es gibt ja oft den Wunsch, wir müssten mehr miteinander reden. Ich sehe da nicht nur Positives drin, denn das wird nicht ja nicht automatisch nett. Aber das, was uns der Bürgerrat bietet, ist ein Team, das moderiert und straff durch den Prozess führt. Das finde ich total inspirierend und bereichernd.« Bürgerrat Günter Rautenberg hofft, dass das Beispiel Schule macht: »Ich würde mich sehr freuen, wenn so was immer wieder stattfindet. Ich bin auch gerne bereit, wieder dafür da zu sein. Denn das ist doch Demokratie – direkt vor Ort am kleinen Bürger.«
In einem Jahr wollen die Bürgerräte wieder zusammenkommen. Dann soll darauf geblickt werden, was aus ihren Empfehlungen geworden ist – und ob die Landeshauptstadt oder eine andere Initiative das Format aufgreift. Das Beispiel der Frauenkirche kann dazu nur ermutigen.
PRÄSENTATION & ÜBERGABE AM 8. MAI 2025
AUS UNSERER MITTE
Einen Monat lang haben 50 zufällig geloste Dresdnerinnen und Dresdner über die Frage diskutiert: Wie können wir in unserer Heimatstadt friedlich zusammenleben? Am Donnerstag, dem 8. Mai 2025, um 19:30 Uhr präsentieren sie die Ergebnisse. Seien Sie dabei!