Erinnern – Versöhnen – Zukunft gestalten

Gedenken und Demokratie gestalten

Der 13. Februar ist für viele Dresdner*innen ein Tag des mahnenden Erinnerns. Angesichts des Erstarkens rechtspopulistischer Strömungen und mit Blick auf die anstehenden Wahlen verbindet die Frauenkirche das Gedenken an die Zerstörung Dresdens 1945 mit einem Aufruf zur Stärkung unserer Demokratie im Jetzt und Hier.

Mit verschiedenen Angeboten bringt sich die Frauenkirche in das stadtweite Gedenken zum 13. Februar ein. Dabei setzt sie auf ein klares Bekenntnis zur Demokratie und den Werten einer pluralistischen Gesellschaft. »Die Bomben, die vor 79 Jahren über Dresden niedergingen, sind eben nicht einfach vom Himmel gefallen. Sie waren die Konsequenz eines Ungeistes, der sich vor 90 Jahren in Deutschland durchsetzte«, so die Stiftungsgeschäftsführenden Frauenkirchenpfarrer Markus Engelhardt und Maria Noth. »Weil es zu wenige Demokrat*innen gab, die sich wehrhaft für die erste deutsche Demokratie und gegen die Nazis einsetzten, nahm das Unheil seinen Ausgang, das Deutschland über die Welt und über sich selbst gebracht hat – am 13. Februar 1945 auch über Dresden. Daran gilt es zu erinnern und zugleich unsere heutige Demokratie zu schützen.«

In Wort, Klang und Stille

Bereits am 10. Februar erklingt mit Gabriel Faurés »Requiem« ein ergreifendes Chorwerk. Unter der Leitung von Frauenkirchenkantor Matthias Grünert musizieren Catalina Bertucci (Sopran), Thomas Laske (Bariton), Chor und Kammerchor der Frauenkirche und die Jenaer Philharmonie. Das Requiem sei »vom menschlichen Vertrauen in die Ewigkeit beherrscht«, so der Komponist.

Am Dresdner Gedenktag selbst lädt die Frauenkirche mittags 12 Uhr und abends zu Friedensandachten ein; letztere beginnt im Anschluss an die Menschenkette. Von 16 bis 22 Uhr ermöglicht die Gesellschaft zur Förderung der Frauenkirche Dresden e. V. ein Stilles Gedenken auf dem Neumarkt. Kerzen können aufgestellt werden und es ist Raum für Gespräche und Begegnungen, aber auch für schweigendes Erinnern. 18.15 Uhr beginnt gegenüber der Synagoge der ebenso durch die Fördergesellschaft organisierte »Dresdner Gedenkweg – unterwegs zur Versöhnung«. Er ergänzt inhaltlich die Menschenkette. Es wirken u. a. Oberbürgermeister Dirk Hilbert, Ludwig Güttler, Oberlandeskirchenrat i. R. Harald Bretschneider, Pfarrerin Ulrike Birkner-Kettenacker und Dresdner Schüler*innen mit. An acht ausgewählten Orten, darunter die Synagoge, die Trümmerfrau vor dem Rathaus und der DenkRaum Sophienkirche tragen sie Texte vor, die Ursachen und Folgen von Krieg und Zerstörung sowie von politischem Machtmissbrauch thematisieren. Otto Stolberg-Stolberg, Vorsitzender der Fördergesellschaft der Frauenkirche, begrüßt insbesondere die Mitwirkung der jungen Generation. »Wir freuen uns, dass auch junge Menschen den lebendigen und interessiert angenommenen Gedenkweg mitgestalten.«

21.45 Uhr stimmen die acht Glocken der Frauenkirche in das stadtweite Geläut ein.

Aus der »Nacht der Stille« wird die »Nacht der Stimmen«

In einer Zeit, die in Osteuropa und Nahost durch Kriege geprägt ist und in der hierzulande die Werte unserer Gesellschaft unverhohlen verunglimpft werden, reicht ein stilles Erinnern allein jedoch nicht aus. Daher öffnet die Frauenkirche ab 22 Uhr ihre Türen zu einer »Nacht der Stimmen«. Vertreter*innen der Stadtgesellschaft berichten, wie sie sich konkret für Demokratie einsetzen. Sie tun dies inmitten des eigens gestalteten Kirchraums, der die Pfeiler der Demokratie mit Aufstellern und Bannern hervorhebt.

Die »Nacht der Stimmen« versteht sich dabei als Fortschreibung der traditionellen »Nacht der Stille«, die es seit mehr als zwei Jahrzehnten in der Frauenkirche gibt. Friedensreferent Andreas Dieterich erklärt dazu: »Wer dieses Angebot schon einmal in der Frauenkirche erlebt hat, weiß, dass Stille hier immer schon in Wort und Musik gestaltet war, dass sich das Gedenken in die Gegenwart und Zukunft richtete und mit einem Bekenntnis zur eigenen Verantwortung für ein friedliches Miteinander einherging. So war es in den Vorjahren und so ist es im Jahr 2024. In diesem Jahr richten wir überdies den Fokus auf unser gemeinsames demokratisches Miteinander.«

Die begleitende Banner-Installation verbleibt bis zum 3. März im Kirchraum. Sie ergänzt das Außenbanner »Wir haben die Wahl«, das an der Fassade der Frauenkirche auf das Wertefundament unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung verweist.

»Der 13. Februar ist ein Datum, das die Dresdner*innen heute – 79 Jahre später – emotional weiterhin tief berührt. In diesem Jahr halten auch die schlimmen aktuellen Kriege, z. B. in Osteuropa und Nahost, unsere kollektiven Erinnerungen wach. Hinzu kommt das Erstarken der AfD und die Vereinnahmung dieses Tages zu einer Kampfansage gegen die liberale westliche Demokratie und ihre offene Gesellschaft.

Als ein Gotteshaus, dessen Geschichte von Glück und Elend deutscher Geschichte, von menschlicher Schuld und Gottes Barmherzigkeit erzählen, wollen wir uns zum 13. Februar, in diesem Jahr zukunftsweisender Wahlen in Sachsen, den historischen Zusammenhang bewusst machen. Die Bomben, die vor 79 Jahren über Dresden niedergingen, sind nicht einfach „vom Himmel gefallen“. Sie waren die Konsequenz daraus, dass es zu wenige Demokrat*innen gab, die sich wehrhaft für die erste deutsche Demokratie, für die bedrohte Republik und gegen die Nazis einsetzten. Mit der „Machtergreifung“ 1933 nahm das Unheil seinen Ausgang, das Deutschland über die Welt und über sich selbst gebracht hat. Am 13. Februar 1945 auch über Dresden.

„Nie wieder!“ ist seit Jahrzehnten der Grundakkord des 13. Februar als Dresdner Trauer-, Mahn- und Gedenktag. Heute präzisieren wir ihn: Nie wieder ist jetzt! Das gilt nicht nur für den Hass gegen Jüdinnen und Juden, der sich überall in Deutschland seit Monaten ungeniert breit macht. Es gilt auch für die echte Bedrohung, der unsere offene, demokratische Gesellschaft derzeit ausgesetzt ist. Inzwischen ist bekannt geworden, dass die Partei, die nicht nur in Sachsen die populärste ist, ein „ethnisch homogenes“ Deutschland schaffen und Millionen Menschen, die unser demokratisches Land mit der Vielfalt ihrer kulturellen, religiösen und sexuellen Identitäten tragen, deportieren will. Wir brauchen zum 13. Februar 2024 ein couragiertes Bekenntnis aller Demokrat*innen zu unserem pluralen Gemeinwesen und seiner Verfassung, die aus dem Geist des jüdisch-christlichen Menschenbildes geschaffen wurde.

Die Frauenkirche ist ein Ort, in dem Menschen aller Ethnien, Religionen und Kulturen willkommen sind. Wir verwahren uns entschieden gegen ihre Vereinnahmung durch rechtspopulistische Kreise zu einem „Symbol nationaler und Dresdner Größe“. Die Frauenkirche ist von ihrem Ursprung her und bleibt eine offene Bürgerkirche. In diesem Geist ist ihr Wiederaufbau von Dresdner Bürger*innen initiiert worden. Das Motto dieser Initiative war: Brücken bauen – Versöhnung leben – Glauben stärken. Das Ja zu diesem Dreiklang schließt ein klares Nein zu allen Versuchen ein, Brücken abzubrechen, Versöhnung zu unterwandern, den Glauben zu schmähen. Beides, dieses Ja und dieses Nein wollen wir am Abend des 13. Februar in der Frauenkirche durch die »Nacht der Stimmen« hörbar machen. Denn: Nie wieder ist jetzt!«

Maria Noth & Pfarrer Markus Engelhardt
Geschäftsführung der Stiftung Frauenkirche Dresden

 


Die Angebote der Frauenkirche Dresden
im Überblick

Ende des 19. Jahrhunderts schrieb Gabriel Fauré sein »Requiem« - ein stilles Werk. Die Klänge von tröstender Schönheit machen es aber auch zu einem ergreifenden Chorwerke, ideal für das Gedenken an die Zerstörung Dresdens vor 79 Jahren.

»Erinnern – Versöhnen – Zukunft gestalten«
Gabriel Fauré

César Franck Sinfonie d-Moll | Gabriel Fauré Requiem op. 48
Sopran Catalina Bertucci | Bariton Thomas Laske
Kammerchor der Frauenkirche | Chor der Frauenkirche
Jenaer Philharmonie
Leitung Frauenkirchenkantor Matthias Grünert

17 | 24 | 31 | 45 € |
Dresden-Elbland-Ticket 20 €

TICKETS

Zur Mittagszeit und im Anschluss an die Menschenkette lädt die Frauenkirche zum Andachtsformat »Friedenswort und Orgelklang« ein.

 

Die Gesellschaft zur Förderung der Frauenkirche Dresden e. V. ermöglicht von 16 bis 22 Uhr das »Stille Gedenken vor der Frauenkirche – wahrhaftig erinnern – versöhnt leben«. Es wird Raum sein für Gespräche und Begegnungen, aber auch für schweigendes Erinnern. Es können direkt vor der Kirche Kerzen in einer 20 Quadratmeter großen Fläche in Kerzenform platziert werden.

Auf dem Neumarkt

Der durch die Fördergesellschaft organisierte »Dresdner Gedenkweg – unterwegs zur Versöhnung« führt mit Textlesungen an ausgewählte Orte.

Der Gedenkweg beginnt um 18:15 Uhr an der Gedenkstele an die Zerstörung der alten Synagoge und an die Ermordung der Juden zur Zeit des Nationalsozialismus am Hasenberg, gegenüber der neuen Synagoge. Er führt danach zur Skulptur des Großen Trauernden Mannes, das Trümmerstück aus der Kuppel der Frauenkirche auf deren Nordseite, dann an der Südostseite des Altmarktes nahe der Gedenk- und Mahnmals für die Opfer der Luftangriffe auf Dresden vom 13. und 14. Februar 1945 zur Kreuzkirche zum Denk- und Mahnmal »Schwerter zu Pflugscharen – Steine des Anstoßes«, zum Denk-Raum für die Sophienkirche und abschließend zur Frauenkirche.

Treff Gedenkstele Hasenberg

Die Kirchen der Stadt rufen mit einem gemeinsamen Geläut zum Zeitpunkt, als am 13. Februar 1945 die Sirenen heulten und vor den Luftangriffen warnten, zum Innehalten und Beten für den Frieden auf. Sie setzen damit ein unüberhörbares verbindendes Zeichen für ein versöhntes Miteinander. Die acht Glocken der Frauenkirche stimmen mit ein.

Neumarkt

Die Tradition des Gedenkens am 13. Februar in der Frauenkirche ist eng verbunden mit der »Nacht der Stille«. Vor dem Hintergrund des Erstarkens einer rechtspopulistischen und in einigen Landesverbänden als gesichert rechtsextremen eingestuften Partei in unserem Land und mit Blick auf die anstehenden Europa-, Kommunal- und Landtagswahlen 2024 haben wir uns entschlossen, das Erinnern an den 13. Februar 1945 mit einem Aufruf zur Stärkung unserer Demokratie zu verbinden.

Daher wird 2024 aus der »Nacht der Stille« eine »Nacht der Stimmen«. Nach dem stadtweiten Geläut laden wir alle in die Frauenkirche ein, die sich am Ende dieses Tages inspirieren lassen und Kraft tanken wollen. Personen aus der Stadtgesellschaft sprechen Impulse zu ihrem ganz persönlichen Einsatz für die Grundpfeiler unserer Demokratie. Sängerinnen und Sänger des Chores der Frauenkirche gestalten den Abend klanglich. Gerahmt wird der Abend von der Installation »Grundpfeiler der Demokratie«, die bis zum 3. März 2024 im Hauptraum der Frauenkirche zu sehen ist.

Hauptraum
Zugang über Eingang D

Viele Menschen kommen in der Stadt zusammen – so wie hier vor der Frauenkirche.
Das Entzünden von Kerzen ist eine Tradition seit den 1980ern.
Eine Menschenkette bildet sich Jahr für Jahr.
Der »Dresdner Gedenkweg – unterwegs zur Versöhnung« führt mit Lesungen an Erinnerungsorte.
Spätabens öffnen sich die Türen der Frauenkirche – 2024 zur »Nacht der Stimmen«